Der Lateinunterricht am Berlin-Kolleg verfolgt mehrere Ziele. Im Vordergrund steht der Erwerb des Latinums als Voraussetzung für verschiedene Studiengänge bzw. Hochschulabschlüsse. Auch für Medizin und Jura sind Lateinkenntnisse sinnvoll, wenngleich hier nicht das Latinum verlangt wird. Da es keine lateinischen Muttersprachler mehr gibt, wird Latein nach dem Prinzip der kontrastiven Sprachbetrachtung unterrichtet. Ziel ist die Fähigkeit, lateinische Originaltexte von Autoren wie Cicero, Caesar, Ovid, Seneca oder Sallust mit Hilfe eines zweisprachigen Wörterbuches in Aufbau und Inhalt zu erfassen und dieses Verständnis durch eine sachlich richtige und treffende Übersetzung ins Deutsche nachzuweisen. Dabei merken die Kollegiat:innen, dass Übersetzen gleich Interpretieren ist. Wir halten also gewissermaßen unserem Deutsch den lateinischen Spiegel vor. Außerdem können die Kollegiat:innen im Lateinunterricht ihre Allgemeinbildung verbessern, ihr Verständnis der antiken und mittelalterlichen Kultur entwickeln und ihre deutschsprachliche Kompetenz in den Bereichen Grammatik und Fremdworterschließung erweitern. Dabei erfahren sie, dass Latein alles andere als eine tote Sprache ist. Wir leben unser Fach nach dem Motto: Ein Tag ohne Latein ist ein verlorener Tag.
a) Einführungsphase
Das grundlegende System von Deklination und Konjugation wird erarbeitet und in seiner Ausprägung in einfachen lateinischen Texten erfahren. Dabei soll möglichst bis Lektion 16 im Lehrbuch vorangeschritten werden.
b) Qualifikationsphase
Die Arbeit mit dem Lehrbuch dauert im Leistungskurs bis zur Mitte von Q2, im Grundkurs bis zum Ende von Q2. Hierbei wird der gesamte grammatikalische Stoff einmal behandelt, der zur Originallektüre nötig ist.
Im „Abwählerkurs“ Q1 werden einfache lateinische Texte auf dem Niveau von L 16 übersetzt und die Fortwirkung des Lateinischen z. B. in Inschriften, in der Musik oder in deutschen Fremdwörtern untersucht.
Die Lektürephase umfasst im Leistungskurs jeweils etwa zwei Monate Caesar (Ende Q 2), Dichtung (Beginn Q 3, vorzugsweise Ovid), Cicero (Ende Q 3) und Sallust (Q 4).
Im Grundkurs wird in Q 3 Caesar sowie in Q 4 Cicero gelesen.
Ziel der Lektürephase ist es, die Kollegiat:innen auf die inhaltlich korrekte und stilistisch angemessene Übersetzung eines leichten bis mittelschweren lateinischen Originaltextes mit Hilfe des zweisprachigen Wörterbuchs sowie auf die Interpretation eines zweisprachigen Originaltextes mit deutscher Übersetzung anhand sprach- und kulturwissenschaftlicher Fragestellungen vorzubereiten. Dabei wird die Grammatik lektürebegleitend wiederholt und vertieft.
3. Methoden
Nach dem Prinzip der kontrastiven Sprachbetrachtung sollen die Kollegiat:innen im Wechselspiel von lateinischem Originaltext und deutscher Übersetzung die Eigenart der jeweiligen Sprache erfahren und für ihre eigene Sprachbildung fruchtbar machen.
Hierbei ist eine Veranschaulichung bzw. Visualisierung grammatikalischer Phänomene und Strukturen sinnvoll. Hilfreich ist die Markierung der Satzglieder mit unterschiedlichen Farben sowie die Hervorhebung morphologischer Signale, z. B. Tempus- und Moduszeichen bei Verben bzw. KNG-Kongruenzen bei Nomina usw.
Große Bedeutung wird dem Erkennen von Fehlern bei der Übersetzung beigemessen. Die Klassifizierung mit Fehlerarten (z. B. falsche Vokabel, Form, Tempus usw.) wird geübt und dient auch dem Verständnis der Korrekturen durch die Lehrkräfte. Besonderes Augenmerk liegt auf der Interaktion der Kollegiat:innen, die sich gegenseitig auf ihre Fehler aufmerksam machen sollen, ohne die richtige Lösung zu verraten. Die Klausuren werden nach der Negativ-Korrektur beurteilt.